Petri Pasanen: “Ab 100 Tore gibt’s erst ein Denkmal”

Posted on 3. Dezember 2011

Er kennt sich mit Wein gut aus, liest täglich die internationale Presse, kann über die aktuellen politischen Themen genüsslich debattieren. Er gehört zu den dienstältesten Werder-Spielern. Dennoch gibt es keinen Bremer Profi, über den weniger bekannt ist. Nach der Saison verlässt Petri Pasanen den Verein. Am Samstag läuft er zum letzten Mal im grün-weißen Trikot ins Weser-Stadion ein. WERDER.DE gab er ein langes, sehr persönliches Abschieds-Interview.

TEIL 1

Petri, sieben Jahre Werder Bremen. An was sollen sich die Menschen in Bremen erinnern, wenn sie an dich zurückdenken?
An einen Spieler, der gern hier gespielt hat, dabei nie vom Platz geflogen ist, der nie gesperrt war. Aber ausgerechnet jetzt habe ich vier gelbe Karten, so viele wie noch nie.

Du weißt, der letzte Eindruck bleibt haften. Die Menschen werden sich nach den vier gelben Karten an einen “eisenharten Finnen” erinnern.
(lacht) Nein das nicht, aber es war schon ein Problem, wenn ich gegen Wolfsburg gelb bekommen hätte, wäre ich um mein letztes Heimspiel im Weser-Stadion gebracht worden. Das wäre richtig hart gewesen.

Aber im Interview danach hättest du gesagt: “Ich bin nicht wichtig, Mannschaft und Punkte sind wichtig.” Dann wärst du in Kabine gegangen und hättest in die Bank gebissen.
Ja, so wäre es wahrscheinlich gewesen.

Warum ist es dir so wichtig, diese Emotionen nicht preiszugeben. Es gibt kaum einen Spieler über dem man neben dem Spielfeld weniger weiß, als über dich.
Ich weiß nicht, ich glaube in solchen Situationen bedeutet mir die Mannschaft mehr als die Öffentlichkeit. Meine Mitspieler sehen doch wie ich mich dann fühle. Wenn ich das breit trete, wird die Aufmerksamkeit unnötig von der Mannschaft auf mich gerichtet. Wenn meine Mitspieler aber lesen, dass Team und Punkte für mich mehr zählen, dann haben sie ein besseres Gefühl, dann wissen sie: Ich stehe auf ihrer Seite!

Vielleicht verzweifeln deine Kollegen aber auch nach dem Motto: “Wie kann dieser Finne nur so cool bleiben. Das macht mich fertig!”
Ach Quatsch, sie sehen mich jeden Tag nackt in der Kabine. Sie kennen mich besser als alle, die nur Zeitung lesen. Ich persönlich freue mich immer sehr, wenn Spieler über die Mannschaft reden. Ich spiele dann auch viel lieber mit ihnen zusammen. So ist das doch auch im Leben.

So oft findest du aber keinen Mitspieler, der sich öffentlich so zurücknimmt wie du. Im Gegenteil, wird es nicht immer wichtiger für die Karriere auch ein bisschen Show zu liefern?
Aber man muss dabei immer authentisch bleiben. Die Leute erkennen sehr schnell, was eine Lüge ist.

Aber wenn du deine Emotionen nicht zeigst, ist das auch nicht authentisch. 
Das stimmt. (überlegt) Aber dann sagen wir es so. Jeder baut sich ein Bild in der Öffentlichkeit auf. Jeder füllt eine gewisse Rolle aus. Einer macht es mit mehr Show, einer mit weniger. Jeder darf das selbst entscheiden. Ich glaube, meine Rolle passt ganz gut zu mir. Darin bin ich authentisch.

Deine extreme Zurückhaltung, was private Infos betrifft, hat intern aber auch für großen Spaß gesorgt. Sogar deine Hobbys hast du zur Privatsphäre erklärt. In den Fragebögen vor der Saison liest man oft von Dir “Radiohören” und “Angeln”.
Das wollen doch die Leute von einem Finnen hören. Das fand ich am unauffälligsten. Aber ich gestehe hiermit: Ich habe noch nie geangelt. Durch die Fragebögen ist es aber so gekommen, dass ich ständig Angelzubehör geschenkt bekomme und Tipps kriege, wo die besten Stellen zum Fischen sind. Gefreut habe ich mich aber darüber trotzdem. Außerdem das “Radio hören” hat immer gestimmt. Ich habe keinen IPOD. Ich höre nicht so oft Musik. Aber im Auto habe ich das Radio an.

Dann ging das jedes Jahr bei Dir sehr schnell mit den Fragebögen zu Saisonbeginn.
So kann man das nicht sagen. Ich habe mir immer Gedanken gemacht, war meistens ehrlich. Aber meine Aussagen, waren oft zu sehr um die Ecke gedacht oder meinen Humor hat nicht jeder verstanden. In den Heften waren die Antworten dann meist etwas öffentlichkeitswirksamer “übersetzt”.

 Kannst du dich an deine ersten Tage bei Werder erinnern?
Ja, es ging alles sehr schnell. Ich hatte noch ein Jahr Vertrag bei Ajax, war mit ihnen im Trainingslager. Da rief Klaus Allofs) an und fragte mich, ob ich mir einen Wechsel vorstellen könnte. Ich hätte nicht wechseln müssen. Ich hatte meinen Platz in der Amsterdamer Innenverteidigung, aber Werder war Deutscher Meister und spielte Champions League. Ich habe dann noch ein paar Testspiele gemacht und bin dann noch im Trainingslager zu Werder gekommen. Das war eine lohnenswerte Sache. Im Rückblick kann ich sagen, dass ich nicht falsch lag.

Du hast gleich einen Raketenstart hingelegt: Stammspieler, erstes Tor im zweiten Spiel!
(lacht) Ja, ich habe ein Drittel meiner Werder-Tore, gleich in den ersten beiden Spielen geschossen. Und war mittendrin als das Flutlicht ausfiel. Das war ein kurioser Start. Mein Gott, ich weiß es noch wie heute. Wir haben uns warm gemacht, standen auf dem Platz als das Licht ausfiel. Erst denkst du, die kriegen das wieder hin, aber dann mussten wir wieder in die Kabine. Ich habe das Bild genau in meinem Kopf, wie wir da saßen, warteten und Bananen verteilt wurden. Ich habe immer diese Bananen-Szene im Kopf, wenn ich an den Flutlicht-Ausfall denke. Jeder war ratlos. Das war komisch.

Deine anderen beiden Bundesliga-Tore hast du in eine Saison gepackt. Wieso hast du nicht mehr geschossen oder sie ein bisschen besser auf die sieben Jahre verteilt?
Ja, es wurden nur drei Tore, aber du kannst nachschauen, sie waren alle sehr, sehr schön. Gegen Rostock, Frankfurt und den Hamburger SV. Gegen Hamburg war es der Siegtreffer, ich war Matchwinner, Derbysieger. Das gilt doch was.

Ich habe schon nachgeschaut. Bei drei Toren geht das ja schnell: Es waren immer Fernschüsse. 18, 28 und 31 Meter! Immer volles Pfund!
Und ich habe mich jedes Mal riesig gefreut, als ich getroffen habe. Tore schießen macht Spaß.

Aber kurios ist es, dass es keinen Kopfballtreffer von dir gibt. Dabei giltst du als sehr kopfballstark.
Das Tor habe ich schon getroffen, aber immer nur Latte oder Pfosten. Das gab es ganz oft. Es ging einfach keiner rein. Und dann musst du noch die beiden Treffer rechnen, die mir zuletzt nicht gegeben wurden. Was kann ich denn dafür? Aber ich kann mit dieser Bilanz leben. Es macht für mich keinen Unterschied, ob ich hier mit drei oder zehn Toren aufhöre. Hundert Tore wären ein Unterschied. Dann gäb’s auch ein Denkmal.

Nach deinem guten Werder-Start hat es dich aber ganz dick erwischt. Mit einem Schädel-Hirn-Trauma musstest du monatelang passen. Vorher hattest du so einen Stellenwert als Abwehrchef, dass du zum Champions-League-Start 2005 angeschlagen noch die Partie gegen den FC Barcelona bestritten hast.
Ja, das war keine leichte Sache. Ich habe damals in der Champions-League-Qualifikation gegen Basel, zwei, drei richtige schwere, auch absichtliche Ellenbogen-Schläge an den Kopf bekommen und musste das einfach vollständig auskurieren. Aber ich war bei Werder, zwei oder drei Mal wegen einer Verletzung richtig draußen. Vielleicht wäre es noch besser ohne diese Rückschläge gelaufen. Aber damit muss man umgehen können.

Nach der Kopfverletzung warst du nie wieder als Innenverteidiger gesetzt. Fahrenhorst, Naldo, Mertesacker spielten.

Das stimmt, danach begann meine Allrounderzeit. Danach war ich überall. Das war eine sportliche Entscheidung, die ich mittragen musste. Ich hätte auch den Verein wechseln können, aber ich habe mich für Werder entschieden. In den damaligen Gesprächen zu meiner Vertragsverlängerung war das ein zentrales Thema, dass ich hier als Allrounder gebraucht werde, auch auf Außen, obwohl ich kein Außenverteidiger bin.

Was hat dich dann dennoch zum Weitermachen bewogen?
Wir waren sportlich sehr erfolgreich, hatten eine gute Mannschaft. Und ich hatte von vielen gehört und gelesen, dass sie es sehr schwer hatten, nach Werder ihr Glück zu finden.

So etwas hat dich beeinflusst?
Na klar, das spielt auch eine Rolle. Viele ältere Werder-Spieler haben das erzählt. Sie waren in der gleichen Situation wie ich und sagten: “Wäre ich doch nur nicht weg gegangen!” An Ailton konnte man das Beispiel für so eine Entwicklung auch beobachten. Und ich dachte mir, wenn das so viele erzählen, dann muss da etwas dran sein. Ich hatte Optionen, aber auch das Gefühl, das Werder das Beste für mich war.

Also hast du 2008 nochmal für drei Jahre unterschrieben. Ein gemeinsamer Weg, der jetzt zu Ende geht.
Ja, aber so ist der Profifußball. Seit Dezember habe ich mir Gedanken gemacht. Im März habe ich mit Klaus zusammengesessen und wir kamen zu dem Punkt, dass jeder etwas Neues vorhat.

PETRI SELBSTBEWUSST
“Der Trainer hat nie erwartet, dass ich drei Gegner ausspiele und mich doch oft aufgestellt, weil er wusste was er bekommt.”

Hast du eigentlich verstanden, dass du doch immer wieder auf den Außenbahnen gespielt hast, es aber auch oft bei den Fans hieß: Der Pasanen macht hinten dicht, aber nach vorn zu wenig.
Genau deswegen, fühle ich mich ja auf der Außenbahn auch nicht ganz so wohl. Ich bin keiner, der mit einem super Solo an drei Spielern vorbeigeht. Ich bin keinMarko Marin, ich habe andere Qualitäten. Qualitäten, die mehr im Zentrum zum Tragen kommen. Mertesacker undNaldo hätten außen auch gewisse Schwierigkeiten als rechter Verteidiger. Ich spiele die Position aber für die Mannschaft. Ich weiß, was ich kann und was ich nicht kann. Und der Trainer weiß es auch. Er hat nie erwartet, dass ich drei Gegner ausspiele. Trotzdem hat er mich oft aufgestellt, weil er wusste, was er bekommt.

In der finnischen Nationalmannschaft hat dich das Werder-Schicksal auch ereilt. Obwohl du viel lieber in der Mitte spielst, warst du oft auf Außen gesetzt. Dort hießen Naldo und Mertesacker, Tihinen und Hyppiä.
Ja, dort war es zehn Jahre so, dass ich außen gespielt habe. Erst jetzt komme ich öfter in der Mitte zum Zuge. So ist das bisher gelaufen in meiner Karriere. Aber ich beschwere mich nicht: Bei Ajax vier Jahre, bei Werder sieben, bisher zehn Jahre Nationalmannschaft. So schlecht ist das nicht.

Und es kann noch lange so weitergehen. Dein Landsmann Sami Hyppiä ist eine gutes Beispiel, dass du mit 37 Jahren noch im Abwehrzentrum Leistung bringen kannst.
Wie lange es geht weiß man nie, aber ich fühle mich mit 30 auf keinen Fall als alter Spieler. Ich bin mittendrin.

Gibt es einen Bremer Ort, der dir in Erinnerung bleiben wird?
Ich bin in Bremen drei Mal umgezogen und habe an jedes Zuhause sehr schöne Erinnerungen. Das waren einfach die Orte, wo ich mich am wohlsten gefühlt habe. Aber es wird einen Ort geben, der immer mit meinem Namen verbunden sein wird, wenn ich gehe.

Na, da bin ich aber gespannt.
Die Sauna in unserer neuen Kabine. Als die Ostkurve umgebaut wurde und die neue Kabine geplant wurde, habe ich darum gebeten, mich um die Sauna kümmern zu dürfen. Ich habe dann ein paar Dinge empfohlen und sie in Finnland besorgt. (lacht) Das wird meine Hinterlassenschaft an die nachfolgenden Generationen sein.

Also müsste da ein Schild ran: “Diese Sauna wurde im Jahr 2010 von Petri Pasanen besorgt”!
Ja, das wäre ein Ding, vielleicht kommt das noch.

 

TEIL 2

Nach deinem Wechsel zu Werder, hast Du lange von Amsterdam als Stadt geschwärmt, hat Bremen diesen Rang nach sieben Jahren abgelaufen?

Es gibt ja kein Rennen, was ist der schönste Ort außerhalb Finnlands. Ich werde immer ein Stück Amsterdam und ein Stück Bremen überall mit hinnehmen. Das sind wichtige Orte in meinem Leben. Ich habe hier viele wichtige Leute getroffen. Und in dieser Zeit ist viel passiert.

In deine Bremer Zeit fällt auch der Tod deiner Mutter im Herbst 2004. Damals hast du für Aufsehen gesorgt, als du Werder in einer großen Verletzten-Misere trotzdem geholfen hast und extra für das Nordderby eingeflogen bist.
Meine Mutter ist ganz plötzlich gestorben und ich bin sofort für eine Woche nach Finnland geflogen. Die Rückkehr für das Spiel war weniger eine Hilfe für Werder, als eine Ablenkung für mich. Ich habe damals mit dem Trainer telefoniert, der mir anbot, zur Partie gegen den Hamburger SV anreisen zu können. Ich wurde ein paar Minuten eingewechselt und habe es dann der Presse gesagt. Ich bin anschließend aber auch gleich wieder nach Finnland geflogen.

War es schwer dann wieder im fernen Bremen Profifußball zu spielen?
Das Leben musste weitergehen, aber es ist klar, dass es einen großen Einfluss hat, wenn jemand seine Mutter verliert. In Bremen zu spielen war in Ordnung, schwierig war die Rückkehr nach Finnland zu Weihnachten. Da wurde es ganz deutlich, dass sie fehlte. Du konntest riechen, dass da ein Unterschied ist. Die Atmosphäre zu Hause war ganz anders.

Hast du in dieser Zeit, Gedanken an sie auch mal mit auf das Spielfeld genommen?
Deine Mama verlierst du nie.

Hattest du in dieser Zeit, die ja auch sportlich ein Neubeginn bei Werder war, jemanden gehabt, der dir die Akklimatisierung in Bremen leichter gemacht hat.
Nein, ich brauchte das nicht. Ich war ja kein Neuling mehr. Bei meinem Start in Amsterdam war das anders. Da war Aaron Winter eine wichtige Person für mich.

Im Rückblick auf die sieben Jahre gab es einige kuriose Spiele, welche fallen dir da so ein?
Ganz oben steht für mich das 8:1 gegen Arminia Bielefeld. Wir hatten schon drei Mal ausgewechselt und Wiese hatte sich am Ende ein bisschen verletzt. Der Trainer hat mir angezeigt, dass ich ins Tor gehen sollte, wenn Wiese nicht mehr weitermachen kann. Ich bin dann immer wieder zu Wiese hin und habe ihm gesagt, dass er raus soll. Das wäre ein Riesending für mich gewesen, da mal ins Tor zu dürfen. Dann hätte ich alles mal gespielt und so viele finnische Torhüter hat die Bundesliga auch noch nicht gesehen. Außerdem konnte nichts schief gehen, es stand schon 7:1. Das hätte ich gepackt. Aber Wiese wollte nicht raus. Das bedauere ich wirklich sehr, das wäre eine tolle Geschichte gewesen.

Vielleicht kommt so ein Einsatz noch in deinen letzten Spielen?
Ja, genau, und ich schieße noch drei Tore und hole mir meine erste Rote Karte ab. Das wäre ein Abschluss mit Paukenschlag.

Welche Spiele kommen dir noch in den Sinn?
Die ersten Spiele gegen Ajax. Wir hatten hier souverän gewonnen und die Fans hatten mich nicht vergessen, sie riefen nach dem Spiel meinen Namen, ich habe ihnen mein Trikot geschenkt. Im Rückspiel wurde es dann noch mal eng. Wir hatten einen schlechten Tag und ich hatte immer im Kopf, wie wir mit Ajax in den Jahren zuvor unsere Gegner zu Hause an die Wand gespielt hatten, nur diesmal stand ich auf der anderen Seite. Ich hatte kein gutes Gefühl, aber es ging ja noch mal gut.

Du standest auch direkt daneben als Andi Reinke seinen schweren Unfall im Spiel beim VfB Stuttgart hatte? Kannst du dich an diese Sekunden erinnern?
Sehr gut. Ich stand genau neben ihm und sagte, Andi steh auf, es ist kein Tor geworden, es ist nichts passiert. Ich hatte die Szene gar nicht so schlimm wahrgenommen. Dann schaue ich wieder hin und er liegt in einer Blutlache. Das war die schlimmste Verletzung, die ich jemals auf dem Platz gesehen habe. Und ich habe ganz große Achtung vor ihm, dass er als Spieler wieder zurückkam. Dass er seine Karriere als Spieler beenden konnte, hat uns alle gefreut. Er war sehr beliebt in der Mannschaft.

Gab es andere Typen, die dir in Erinnerung bleiben werden?
Ganz klar, Carlos Alberto. Ich habe ihn nie verstanden, er sprach kein Englisch oder Deutsch, aber ihn schon zu beobachten war komisch. Aber er war ein guter Spieler. Ich fand ihn “eins-gegen-eins” richtig gut. Er hatte die Qualität. Dass Werder ihn geholt hatte, war nachvollziehbar. Er hat es leider nie richtig in den Spielen zeigen können.

Wer wird dir noch prägend in Erinnerung bleiben?
Johan Micoud! Er war einfach der Chef! Wenn man von einem Leader spricht, dann verkörperte er genau das. So ein Charisma, so eine Präsenz. Joe war auf “der Zehn” richtig gut. Er hat oft den Ball bekommen und nach einer kurzen Drehung sofort weitergespielt. Auf dieser Position ist das so wichtig. Mit ihm haben wir die meisten Tore geschossen.

Gehst du in die restlichen beiden Spiele anders, als zuvor.
Ganz ehrlich, diese Gedanken an das bevorstehende Ende bei Werder hatte ich erstmals nach dem Pauli-Spiel. Da stand ich und habe gedacht: “Nur noch drei Spiele!” Aber es ist auch schön, dass es so einen Moment gibt und dass man das auf dem Platz erleben kann. Gut, dass ich gegen Wolfsburg nicht diese Gelbsperre bekommen habe.

Hast du nicht dem Schiri vor dem Wolfsburg-Spiel mal einen Tipp gegeben, dass du diesmal keine Karte gebrauchen kannst?
Nein ich habe einfach darauf vertraut, dass ich in den letzten Jahren auch sehr wenige Karten bekommen habe. Ich habe es einfach laufen gelassen.

Die Partie gegen Wolfsburg war schon ein Abschied, es war dein letztes Flutlichtspiel.
Ich habe das sehr genossen. Das waren die geilsten Spiele. Mein perfekter Moment: Es ist ein Herbstabend, es regnet leicht, das Flutlicht ist an, der Ball läuft ganz leicht über den nassen Rasen. Die Stimmung ist dann immer etwas anders. Dann bist du einfach gut drauf. Das ist viel besser als 15.30 Uhr und 25 Grad im Schatten. Ein Stück Weser-Stadion werde ich auch in Zukunft in Finnland haben, denn ich habe mir einige von diesen roten Stühlen gesichert, als das Stadion damals auf grüne Sitze umgestellt wurde. Der Hausmeister hatte sie mir angeboten.

Was hast du damit vor?
Ich habe sie damals zusammen mit ein paar anderen privaten Sachen mit dem Auto nach Finnland gefahren. Jetzt liegen sie zu Hause. Ich werde mir mal eine kleine Tribüne im Garten bauen.

Du kannst dich fast kindlich über fußballerische Kabinettstückchen freuen, musst auf dem Platz aber eine extrem disziplinierte Rolle ausfüllen. Woher nimmst du den Spaß, Woche für Woche im professionellen Fußball?
Ich liebe die Feinheiten des Fußballs und kann auch einiges. Ich habe im Training schon Fallrückzieher-Tore geschossen, in einem Spiel hinter dem Standbein geflankt. Aber bei mir war es nie so, dass ich immer zeigen musste, was ich kann, dass ich einen raushauen muss. Die Momente kommen, wenn sie kommen. So etwas soll man nicht forcieren. Und als Abwehrspieler hältst du dich für die Mannschaft zurück. Wenn du einen Fehler machst, fällt schnell das Gegentor.

Wie war deine Beziehung zu den Fans in den letzten sieben Jahren?
Werder hat gute Fans, aber man konnte schon eine Wandlung in meiner Zeit feststellen. Heute erwartet das Publikum viel mehr als 2004. Sie werden schneller unruhig. Vielleicht ist das auch normal nach sechs Jahren Champions League. Aber man muss den Fans auch ein Kompliment für die letzten beiden Monate machen. Sie haben gemerkt, dass sie Einfluss auf die Mannschaft haben, dass es ohne ihre Unterstützung doppelt so schwer für uns ist. Da waren sie sehr positiv.

Kannst du einen Tipp geben, welchen Finnen Werder als nächstes holen sollte? Wer ist der absolute Überflieger im finnischen Fußball?
Es gibt einen jungen Mittelfeldspieler, Eremenko. Er spielt bei Dynamo Kiew. Er ist sehr interessant. Er wird seinen Weg machen. Gut am Ball, gut nach vorn, defensiver Mittelfeldspieler.

Wo wird es dich jetzt hinziehen? Bleib doch in der Bundesliga, dann sehen wir Dich mindestens zwei Mal im Jahr wieder.
Die Bundesliga ist immer interessant, aber es ist zu früh, darüber zu reden. Ich sage bescheid, wenn es soweit ist.

Torsten Frings und Tim Borowski kehrten in deiner Zeit sogar wieder zu Werder zurück. Sehen wir dich hier auch mal wieder im Trikot.
Daran glaube ich nicht. Ich gehe weg.

Das Interview führte Michael Rudolph.

Be the first to leave a comment

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>